Wenn das Geleistete vom Geschuldeten im Sinne der vertraglichen Leistungsbeschreibung abweicht, liegt beim Werkvertrag ist ein Mangel nach § 922 ABGB vor. Doch das Vorliegen eines Mangels kann sich auch bereits aus einer Vermutung ergeben. Welche Ansprüche erfasst die Vermutung und wem obliegt der Beweis? Wie verhält es sich außerdem mit Mangelfolgeschäden?

Vermutung genügt

Grundsätzlich kann der Übernehmer nach § 933a Abs 1 ABGB Schadenersatz fordern, wenn der Übergeber den Mangel, also das Abweichen des Geleisteten vom Geschuldeten, das sich nach der vertraglichen Leistungsbeschreibung bestimmt, verschuldet hat. Dass von einem Mangel auszugehen ist, kann sich auch bloß aus der Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB ergeben. Unlängst hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit dieser Bestimmung auseinandergesetzt und festgestellt, dass die Vermutung auch Ansprüche wegen Mangelfolgeschäden erfasst. Der Beweis dafür, dass der (zu vermutende) Mangel für den Folgeschaden kausal war, obliegt allerdings dem Übernehmer.

Beweislast des Übernehmers

Die Beweislast für den vom Vertrag abweichenden Zustand der Sache wird dem Übernehmer also nicht abgenommen. Dieser muss allerdings nur einen Zustand der Sache innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe nachweisen, der einen Mangel darstellen würde, wenn er bei Übergabe vorhanden gewesen wäre. Nach Wortlaut und Zweck des § 924 Satz 2 ABGB reicht es jedenfalls aus, wenn der Übernehmer beweist, dass sich die Leistung nunmehr in einem Zustand befindet, der Mangelhaftigkeit bedeuten würde, wenn er schon bei Leistungserbringung vorgelegen wäre.

Mehrere Ursachen denkbar

Ob für einen (nunmehrigen) vertragswidrigen Zustand der Leistung auch eine andere Ursache in Betracht kommt, steht der Anwendung der Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB nicht entgegen. Vielmehr will diese Bestimmung nach Ansicht des OGH gerade derartige Unsicherheiten erfassen. Die bloß abstrakte Möglichkeit einer anderen Ursache für die Mangelhaftigkeit reicht weder für die Widerlegung der Vermutung nach § 924 Satz 2 ABGB aus, noch wird damit das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 924 Satz 3 ABGB, wonach die Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar sein muss, dargetan (veröffentlicht in OGH 6 Ob 105/20i).

Fazit: Bei Abweichen des Geleisteten vom Geschuldeten liegt beim Werkvertrag ein Mangel vor. Dass von einem Mangel auszugehen ist, kann sich bereits aus der Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB ergeben, welche auch Ansprüche wegen Mangelfolgeschäden erfasst. Der Beweis dafür, dass der (zu vermutende) Mangel für den Folgeschaden kausal war, obliegt allerdings dem Übernehmer. Dieser muss innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe einen Zustand der Sache nachweisen, der einen Mangel darstellen würde, wenn er bei Übergabe vorhanden gewesen wäre. Ob für einen (nunmehrigen) vertragswidrigen Zustand der Leistung auch eine andere Ursache in Betracht kommt, steht der Anwendung der Vermutung nicht entgegen. Kontaktieren Sie uns bei Fragen zum Thema Schadenersatz und Gewährleistung jederzeit gerne.

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