Eine zu günstig angesetzte Wohnung bringt dem Makler zwar gegebenenfalls weniger Provision, ist aber für Käufer attraktiv und lässt sich daher meist recht schnell sowie ohne größeren Arbeitsaufwand verkaufen. Das ist ein Anreiz für Makler, doch darf ein solcher geschaffen werden? Wann kann man in so einem Fall Schadenersatz fordern?

Anlassfall

Erst kürzlich hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) mit einem Fall zu tun, in welchem der Verkäufer sich vom Makler überreden ließ, seine Immobilie viel günstiger zu verkaufen, als ursprünglich gedacht. Dass der Verkaufspreis weit unter dem tatsächlichen Wert lag, wurde erst im Nachhinein bei einer Schätzung des Immobilienwertes deutlich. Der Verkäufer forderte daraufhin vom Makler die Differenz zwischen dem richtigen Wert und jenem Preis, um den sie verkauft wurde.

OGH: Kein Anreiz für Makler

In Österreich meint die juristische Literatur, dass Preisspannen von etwa 15 Prozent jedenfalls akzeptiert werden müssten. Der OGH stimmte dem zwar grundsätzlich zu, wandte jedoch ein, dass man daraus nicht gleich den Schluss ziehen darf, derartige Abweichungen zwischen dem vom Makler genannten Wert und dem tatsächlichen seien immer in Ordnung. Dem Gerichtshof zufolge würde sonst nämlich ein Anreiz für den Makler geschaffen, den Verkehrswert von vornherein niedrig festzusetzen, um das Objekt in möglichst kurzer Zeit verkaufen und dadurch die Provision lukrieren zu können.

Verkäufer muss geschützt werden

Insbesondere, wenn der Verkäufer selbst den Wert seiner Immobilie höher schätzt, sich aber vom als Experte auftretenden Makler zu einem niedrigeren Preis überreden lässt, kann das nicht einfach in Kauf genommen werden. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Immobilie tatsächlich beträchtlich mehr wert war, so muss der Verkäufer nach Ansicht des OGH geschützt werden.  Nicht außer Acht zu lassen ist aber stets die Frage, wie sich der Verkäufer jeweils verhalten hätte, wenn er vom tatsächlichen Wert der Immobilie gewusst hätte. Dies kann im Einzelfall durchaus zu einer unterschiedlichen Rechtsprechung führen (veröffentlicht in OGH 6 Ob 115/21m).

Fazit: Preisspannen von etwa 15 Prozent sind zwar grundsätzlich zu akzeptieren, doch enorme Abweichungen zwischen dem vom Makler genannten und dem tatsächlichen Wert einer Immobilie sind nicht ohne Weiteres hinzunehmen. Es darf kein Anreiz für den Makler geschaffen werden, den Verkehrswert von vornherein niedrig festzusetzen, um das Objekt in möglichst kurzer Zeit verkaufen und dadurch die Provision lukrieren zu können. Gerne beraten wir Sie bei Liegenschaftstransaktionen, denn auch hier ist für die Frage, ob der Verkäufer Schadenersatz fordern kann, danach zu differenzieren, ob ihm die (wahren) Umstände bewusst waren oder nicht.

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