Die Thematik rund um den pandemiebedingten Streit um Geschäftsraummieten haben wir in unseren Beiträgen (zuletzt COVID-19 Update im Streit um Geschäftsraummieten – Neue Urteile (immobilienrecht-klagenfurt.at) mitverfolgt. Bisher zeigte sich die Rechtsprechung mieterfreundlich, doch nun gibt es eine konträre Entscheidung, in welcher ein Zinsminderungsanspruch für Geschäftsräumlichkeiten vom Gericht verneint wurde. Handelt es sich um einen Sonderfall? Was war ausschlaggebend?

Rechtsprechung bisher

Zuletzt ging es um drei Entscheidungen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien (LGZ Wien), betroffen waren ein Fitnessstudio, ein Nagelstudio und ein Reisebüro. In allen drei Fällen bestätigte das Gericht in zweiter Instanz den Anspruch der Mieter auf Zinsentfall bzw. Zinsminderung für Zeiträume, in denen sie ihre Geschäftslokale aufgrund der Pandemie nicht oder nur eingeschränkt benützen konnten.

Argumente im Anlassfall

Nun liegt eine neue, ebenfalls zweitinstanzliche Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz (LGZ Graz) vor, die zum gegenteiligen Ergebnis kommt. Es ging um Geschäftsräumlichkeiten, für die die Miete im Lockdown nur zu 25 bzw. 50 Prozent bezahlt wurde. Der Vermieter pochte auf Räumung mit dem Argument, die damals geltende Verordnung habe kein Betretungsverbot für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der konkreten Geschäftstätigkeit des Mieters enthalten, es habe auch keine anderen Betretungs- und Benützungsverbote für das betroffene Unternehmen gegeben. Das Bestandsobjekt sei also dem Vertragszweck entsprechend benützbar gewesen und vom Mieter auch verwendet worden. Die Verhinderung von Angestellten aufgrund von Betreuungspflichten sei der Sphäre des Mieters zuzuordnen.

Entscheidung zu Gunsten des Vermieters

In der Entscheidung ging es in erster Linie um den nicht bezahlten Teil des Mietzinses. Mit der Begründung, dass die Geschäftstätigkeit des Mieters im vorliegenden Fall tatsächlich laut der damals geltenden Verordnung von den Covid-Schutzmaßnahmen ausgenommen war, entschied das Gericht zu Gunsten des Vermieters. Es gehe somit um die Frage, ob auch dann eine Beeinträchtigung des Gebrauchsrechts durch die Pandemie anzunehmen ist, wenn es zu einem pandemiebedingten Absinken der Kundenfrequenz kommt, ohne dass die Nutzung des Geschäftslokals durch ein Betretungsverbot öffentlich-rechtlich eingeschränkt wurde. Im vorliegenden Fall wurde dies verneint, weil der Vermieter dem Mieter keine bestimmte Ertragsfähigkeit als Eigenschaft der Bestandsache zugesagt hatte. Pandemiebedingte Umsatzrückgänge sollen in einem solchen Fall also zum unternehmerischen Verwendungsrisiko zählen.

Diese Frage ist umstritten. Schließlich kam auch das LGZ Wien (COVID-19 Update im Streit um Geschäftsraummieten – Neue Urteile (immobilienrecht-klagenfurt.at) zum konträren Ergebnis, dass die Pandemie auch unabhängig vom Betretungsverbot wesentlichen Einfluss auf die gesamte Bevölkerung hat.

Fazit: Im pandemiebedingten Streit um Geschäftsraummieten gab es bisher drei mieterfreundliche Entscheidungen. Das LGZ Graz entschied nun zu Gunsten der Vermieter. Ausschlaggebend ist die Beantwortung der Frage, ob auch dann eine Beeinträchtigung des Gebrauchsrechts der gemieteten Räumlichkeiten anzunehmen ist, wenn es wegen COVID-19 zu einem Absinken der Kundenfrequenz kommt, jedoch kein öffentlich-rechtliches Betretungsverbot vorliegt. Klärung bringen kann hier letztlich nur der Oberste Gerichtshof (OGH,) auf dessen Entscheidungen mit Spannung gewertet werden kann.

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