Es ist keine Seltenheit, dass bei Bauvorhaben Mängel erst nach der Übergabe festgestellt werden. Auch, wenn der Übernehmer sorgfältig und aufmerksam war, werden sie leicht übersehen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt wahrgenommen. Die Geltendmachung der Ansprüche ist dann oft mit wirtschaftlichen Unannehmlichkeiten für die Erwerber verbunden. Auf der anderen Seite stehen die Werkunternehmer, für welche es nachteilig ist, wenn die Endabrechnung und die Fälligkeit des gesamten Werklohnes in Hinblick auf bloß möglicherweise vorhandene, aber noch nicht erkennbare Mängel hinausgeschoben wird. Der Haftrücklass soll hier einen Interessensausgleich schaffen.

Absicherung des Gewährleistungsrisikos beim Bauträgervertrag

Seit dem Bauträgervertragsrechtsänderungsgesetz (2008) sind etwaige gewährleistungsrechtliche Ansprüche des Erwerbers vom Bauträger mittels eines Haftrücklasses zu sichern. Der Bauträger muss dem Erwerber zur Sicherung allfälliger Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche einen Haftrücklass oder eine Haftrücklassgarantie in Höhe von 2% des Preises für die Dauer von drei Jahren ab Übergabe einräumen oder eine Garantie bzw. Versicherung bereitstellen.

Sinn und Zweck der Verpflichtung ist es, die durch die prinzipielle Fehleranfälligkeit des Baugeschäfts für den Erwerber verursachten zusätzlichen Nachteile zu vermeiden. Der Haftrücklass kann durch eine Haftrücklassgarantie oder -versicherung eines in § 8 (3) Bauträgervertragsgesetz (BTVG) angeführten Rechtsträgers abgelöst werden. Sonder- und Zusatzleistungen erhöhen die Bemessungsgrundlage.

Der Haftrücklass dient zur Absicherung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen, die sich sowohl auf Grund von Mängeln am eigentlichen Vertragsgegenstand als auch an der Gesamtanlage ergeben können. Ein derartiger Mangel liegt dann vor, wenn die Leistung des Bauträgers qualitativ oder quantitativ hinter dem vertraglich Geschuldeten zurückweicht, wie dies bei Nichtvorliegen vertraglich zugesicherter oder gewöhnlich vorausgesetzter Eigenschaften der Fall sein kann.

Der Bauträger schuldet dem Erwerber die ordnungsgemäße Fertigstellung des eigentlichen Vertragsgegenstandes und der allgemeinen Teile der Liegenschaft als Gesamtleistung. Wird ein Mangel innerhalb der Dreijahresfrist objektiv erkennbar und behebt der Bauträger diesen nach erfolgter Anzeige durch den Erwerber, ist der Haftrücklass nach Ablauf der Dreijahresfrist auszufolgen. Der Fristenlauf knüpft an die Übergabe des Vertragsgegenstandes an, weshalb dieser bei größeren Wohnanlagen bei den einzelnen Erwerbern auch höchst unterschiedlich sein kann. Tritt der Mangel erst kurz vor Fristablauf auf, hängt es vom Verhalten des Bauträgers ab, ob der Haftrücklass einbehalten werden kann oder auszufolgen ist. Nimmt also der Bauträger die Mängelbehebung innerhalb einer angemessenen oder vereinbarten Frist vor, dann hat der Erwerber erst nach erfolgter Behebung, mag dieser Zeitpunkt auch außerhalb der Dreijahresfrist liegen, den Haftrücklass auszufolgen bzw. wird der für die letzte Teilzahlung vorgesehene Fälligkeitszeitpunkt entsprechend der Frist zeitlich nach hinten geschoben. Wird der Mangel durch den Bauträger nicht verbessert, darf der Erwerber den Haftrücklass, unbeschadet ihm zustehender Gewährleistungsansprüche, einbehalten.

Die Höhe von 2% ist unabhängig vom tatsächlichen Umfang des Mangels und dem Objekt, an dem dieser auftritt. Da es in § 4 (4) BTVG nicht zu einer Unterscheidung von Mängeln am eigentlichen Vertragsgegenstand und an der Gesamtanlage kommt und der Bauträger jedem einzelnen Erwerber sowohl die Fertigstellung seines eigentlichen Vertragsgegenstandes als auch der Gesamtanlage schuldet, kann jeder Erwerber, der die Mangelhaftigkeit des eigentlichen Vertragsgegenstandes und/oder der Gesamtanlage dem Bauträger innerhalb der Dreijahresfrist anzeigt, den Haftrücklass in Höhe von 2% des auf ihn entfallenden Preises einbehalten, vorausgesetzt es erfolgt keine Behebung durch den Bauträger.

Ergibt sich aus dem Bauträgervertrag ein Anspruch des Erwerbers auf ordnungsgemäße Erfüllung einer Sonder- oder Zusatzleistung, so trifft den Bauträger die Verpflichtung, auch dafür Gewähr zu leisten.

Fazit: Der Haftrücklass des § 4 (4) BTVG soll einen Ausgleich der Interessen des Werkunternehmers und des Erwerbers schaffen. Er garantiert eine explizite Absicherung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen des Erwerbers gegenüber dem Bauträger. Die Inanspruchnahme des Haftrücklasses bzw. der Haftrücklassgarantie setzt das Entstehen von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen des Erwerbers voraus, welches nach allgemeinem Zivilrecht zu beurteilen ist.

Tipp: Für die Übernehmer ist es äußerst wichtig, die gebotene Sorgfalt beim Bauvorhaben einzuhalten, sodass etwaige Mängel sofort geltend gemacht werden können. Wird der Mangel dennoch erst zu einem späteren Zeitpunkt erkannt, so sollte die Verbesserung durch den Bauträger zugelassen werden. Weigert man sich nämlich grundlos, so ist man nicht berechtigt, den hier beschriebenen Haftrücklass zu ziehen.

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