Sie sind frisch gebackener Liegenschaftseigentümer? Die Freude über den neuen Erwerb kann schnell getrübt werden, wenn sich herausstellt, dass die Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz mehr als zu wünschen übrig lässt. Die Idee eines Notwegs ist zwar kreativ, aber nicht immer hilfreich. Vorherige Beratung kann solche „Ärgernisse“ vorbeugen. Auch der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich jüngst mit dieser Thematik befasst.

Zum Sachverhalt:

Der Antragsteller begehrte die Einräumung eines Notwegs zugunsten seines Grundstücks auf dem Grundstück der Antragsgegnerin durch Erweiterung der einverleibten Dienstbarkeit. Dies wurde abgewiesen und der ordentliche Revisionsrekurs wurde versagt, woraufhin der Antragsteller sich mit außerordentlichem Revisionsrekurs an den OGH wandte.

Rechtliche Beurteilung:

Gegenstand der Rechtsrüge war die Frage, ob dem Antragsteller eine auffallende Sorglosigkeit im Sinne des § 2 Notwegegesetz (NotwegeG) vorzuwerfen war. Das grundsätzliche Bestehen eines Notwegebedarfs wurde vom Rekursgericht bejaht.

Es ist nicht Sinn und Zweck des NotwegeG, die Nachlässigkeit der Parteien zu fördern, sondern lediglich schuldlose und damit schutzwürdige Erwerber einer Liegenschaft zu schützen.

Der Begriff der auffallenden Sorglosigkeit entspricht der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 1324 ABGB. Diese liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlicher Weise vernachlässigt wurde und dieser objektiv besonders schwerwiegende Sorgfaltsverstoß auch subjektiv vorzuwerfen ist. Die Frage, ob der Mangel auf eine auffallende Sorglosigkeit zurückgeht, ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.

Nach neuerem Stand der Judikatur schließt der Erwerb einer Liegenschaft ohne ausreichende Anbindung an das öffentliche Wegenetz allein die Einräumung oder Erweiterung eines Notwegs nur dann aus, wenn besondere Umstände auf eine auffallende Sorglosigkeit des Erwerbers schließen lassen. Dies gilt auch dann, wenn die Liegenschaft bereits beim Erwerbsvorgang als Bauland gewidmet war.

Der Erwerb einer Liegenschaft ohne vorherige Erkundigungen indiziert das Vorliegen einer auffallenden Sorglosigkeit, welche dann vorliegt, wenn der Erwerber durch die Erkundigungen eine an die Stelle der Begründung eines Notwegs tretende zumutbare Alternative zur Herstellung der die ordentliche Bewirtschaftung oder Benützung seiner Liegenschaft erst ermöglichenden Verbindung mit dem öffentlichen Straßennetz hätte in Erfahrung bringen können.

Wenn ein tatsächlich eingetretener Wegebedarf in seiner Art, seinem Ausmaß und seiner Intensität bei einer früheren vertraglichen Gestaltung der die notleidenden Liegenschaften treffenden Rechtsbeziehungen leicht vorhersehbar war, so ist beispielsweise auffallende Sorglosigkeit gegeben.

Den Grundeigentümer trifft die Verpflichtung zur Selbstvorsorge für eine hinreichende Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz zu jedem Zeitpunkt, daher auch im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs.

Gemäß § 2 (1) NotwegeG ist das Begehren um Einräumung eines Notwegs unzulässig, wenn der Mangel der Wegeverbindung auf eine auffallende Sorglosigkeit des Grundeigentümers zurückzuführen ist. Außerdem ist darauf zu achten, wie groß die Nachteile, welche sich durch den Notweg für die zu belastende Liegenschaft ergeben, voraussichtlich sein werden.

Der OGH bestätigte die abweisende Entscheidung des Rekursgerichts über das Begehren auf Einräumung eines Notwegs durch Erweiterung der einverleibten Dienstbarkeit und leitete die auffallende Sorglosigkeit des Antragstellers aus folgenden Umständen ab: Das Grundstück war schon im Zeitpunkt des Erwerbs als Bauland gewidmet, wofür auch der Baulandpreis bezahlt wurde. Durch den Ankauf sollte die Bebauung durch andere verhindert werden und der später gefasste Bebauungsentschluss war beim Erwerb vorhersehbar. Im Kaufvertrag war außerdem der fehlende Anschluss des Grundstücks an das öffentliche Wegenetz festgehalten und das bestehende eingeschränkte Wegerecht war im Grundbuch ersichtlich. Der OGH bekräftigte die Verpflichtung des Grundeigentümers zur Vorsorge, welcher sich schon im Zuge des Erwerbs um eine Verbindung bemühen und später dem Verlust einer bestehenden Verbindung vorbeugen muss (veröffentlicht in OGH 4 Ob 182/19x).

Fazit: Wenn Sie eine Liegenschaft erwerben, sollten Sie sich unbedingt vorher über bestehende Verbindungen mit dem öffentlichen Wegenetz oder gar Belastungen im Grundbuch erkundigen. Bei auffallender Sorglosigkeit bleibt Ihnen nämlich auch ein Notweg verwehrt. Sich auf das NotwegeG zu verlassen, ist daher nicht unbedingt ratsam. Gehen Sie kein Risiko ein und lassen Sie sich rechtlich beraten. Gerne stehen wir Ihnen zur Seite, damit Sie zu jedem Zeitpunkt den Überblick über Ihre Liegenschaftstransaktionen und die damit verbundenen Rechte und Pflichten haben.

Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang! Unsere Mitarbeiter stehen Ihnen telefonisch unter 0463 – 50 00 02 oder per E-Mail unter office@rechtdirekt.at zur Verfügung.

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