Möchte man sein Grundstück eindeutig von dem des Nachbarn abgrenzen, so kommt die Errichtung einer Grenzmauer in Betracht. Grenzmauern sind eigentumsrechtlich weitgehend unproblematisch, solange sie auf einer einzelnen Liegenschaft errichtet sind. Spannend wird es dann, wenn sich die Grenzmauer auf beiden benachbarten Liegenschaften befindet.

Gebäude, also grundfest errichtete Bauwerke, sind nach den §§ 297, 417 f ABGB grundsätzlich unselbständige und daher sonderrechtsunfähige Bestandteile der Liegenschaft, auf der sie errichtet sind. Die Regel ist also die Eigentümeridentität, Sonderrechtsfähigkeit ist die Ausnahme. Stellt ein Grundeigentümer eine Mauer unzweifelhaft zur Gänze auf seiner eigenen Liegenschaft auf, dann folgt dessen Alleineigentum aus der Regel der Eigentümeridentität.

Erst kürzlich befasste sich auch der Oberste Gerichtshof (OGH) jedoch mit einer Grenzmauer, die sich auf zwei benachbarten Liegenschaften befand. In diesem Fall ist die Mauer nicht als sonderrechtsunfähiger Bestandteil der Liegenschaften, auf denen sie errichtet ist, anzusehen. § 854 ABGB normiert zunächst die Miteigentumsvermutung an gewissen Grenzeinrichtungen. Das heißt, es besteht die gesetzliche Vermutung, dass die Grenzmauer im Miteigentum steht. Davon abweichend normiert § 857 ABGB wiederum das Alleineigentum in jenen Fällen, in denen der Verlauf und die Gestaltung der Grenzeinrichtung darauf hinweisen.

Dieses Alleineigentum an der Grenzeinrichtung selbst schützt aber nicht davor, dass jene Teile der Grenzeinrichtung zu entfernen sind, die sich auf der im Eigentum des Nachbarn stehenden Liegenschaft befinden. Nach Ansicht des OGH gelten die Grundsätze zur Erhebung der Eigentumsfreiheitsklage nämlich auch dann, wenn zwar die Grenzeinrichtung im Eigentum des einen Nachbarn steht, sich diese aber zum Teil auf der Liegenschaft des anderen befindet, welcher dann die Entfernung von seiner Liegenschaft fordern kann.

Gemäß § 523 ABGB besteht ein Anspruch des Liegenschaftseigentümers zur Abwehr jeder Störung und damit kann, der Entscheidung des Gerichtshofs zufolge, auch die Wiederherstellung des früheren Zustands, besonders durch Beseitigung der Beeinträchtigung, gefordert werden. Etwaige Einwände, wie Untunlichkeit der Entfernung oder dergleichen, müssen stets im Einzelfall geprüft werden (veröffentlicht in OGH 4 Ob 229/19h).

Fazit: Errichtet ein Liegenschaftseigentümer eine Mauer zur Abgrenzung vom Nachbargrund derart, dass sie teilweise auf dem Nachbargrund steht, dann ist er zwar der Eigentümer dieser Mauer, der Nachbar kann aber die Entfernung der auf seiner Liegenschaft stehenden Mauerteile verlangen. Einwände müssen im Einzelfall rechtlich geprüft werden.

 

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