Ein besonders schöner Ausblick ist in manchen Fällen ein wesentliches Kriterium beim Kauf einer Immobilie. Wird ein „Panoramablick“ versprochen, sind viele Käufer durchaus bereit, ein bisschen mehr zu bezahlen. Wie sieht es aus, wenn eine bestimmte Aussicht vom Verkäufer zugesichert wird und der Nachbar ein Jahr später mit einem Neubau den Blick versperrt? Berechtig das den Käufer zur nachträglichen Preisminderung?

Vertragsinhalt?

Mit dieser Frage hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH) unlängst befasst. Im Anlassfall wurde die Immobilie mit einem „unverbaubaren Panoramablick“ beworben und auch anlässlich eines Besichtigungstermins war der schöne Ausblick aus der Wohnung Thema. Zugesichert wurde im Zuge dessen sogar, dass die Aussicht so bleiben würde, was die Käufer dazu veranlasste, Mehrkosten in Kauf zu nehmen. Der Gerichtshof bestätigte, dass der Panoramablick in einem so gelagerten Fall Bestandteil des Kaufvertrags wurde. Dafür genügt eine mündliche Zusage (z.B. im Rahmen einer Besichtigung) und es ist nicht erforderlich, die besondere Aussicht schriftlich in den Vertrag mitaufzunehmen. Außerdem liegt nach Ansicht des OGH auf der Hand, dass am Immobilienmarkt für Objekte mit einer freien Aussicht höhere Preise erzielt werden und die in der Werbebroschüre gemachten Angaben sind in die Vertragsauslegung einzubeziehen.

Minderung des Kaufpreises?

Wird nun kaum ein Jahr später von den Nachbarn ein Gebäude errichtet, das die Aussicht massiv einschränkt, so stellt sich die Frage, ob der Panoramablick einer Immobilie ein wert- und preisbestimmendes Kriterium ist, das Gewährleistungsansprüche rechtfertigt. Der Gerichtshof stellte diesbezüglich klar, dass im Einzelfall zu entscheiden ist, ob dem Verkäufer bewusst war bzw. bewusst sein musste, dass das Nachbargrundstück theoretisch bebaut werden könnte. Liegt beispielsweise bereits ein entsprechender Flächenwidmungsplan (hinsichtlich des Nachbargrundstücks) vor, so ist anzunehmen, dass der Verkäufer nicht mehr von einer zukünftig sicher freibleibenden Aussicht ausgehen durfte.

Der unverbaubare Panoramablick sei Vertragsinhalt geworden. Die Käufer setzten ihren Anspruch auf Preisminderung also durch. Sie bekamen 30.000 Euro zurück (veröffentlicht in OGH 5 Ob 40/21z).

 

Fazit: Wurde eine Immobilie mit einem „unverbaubaren Panoramablick“ beworben, so ist dies in die Vertragsauslegung miteinzubeziehen. Die mündliche Zusicherung eines bestimmten Ausblicks ist ausreichend, damit ein unverbaubarer Panoramablick Vertragsinhalt wird. Für den Fall, dass dafür auch Mehrkosten in Kauf genommen wurden, ist ein Gewährleistungsanspruch in Betracht zu ziehen, wenn die zugesagte Aussicht ein Jahr später verbaut wird und dem Verkäufer bewusst war oder bewusst sein musste, dass die Möglichkeit einer Verbauung des Nachbargrundstücks besteht. Bei Fragen rund um den Immobilienkauf und -verkauf kontaktieren Sie uns gerne, denn das Recht auf nachträgliche Kaufpreisminderung kann dem Käufer, wie im Anlassfall, im Ergebnis zustehen.

 

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