Bei der Vermietung von Wohnungen werden von den Wohnungseigentümern häufig Dritte mit der Verwaltung und Abwicklung der Vermietung betraut. Diese sind auch für die Schlüsselvergabe zuständig. In modernen Wohnhausanlagen kommt es immer öfter vor, dass elektronische Keycards anstelle von Schlüsseln eingesetzt werden. Darf der Verwalter eine Generalkeycard besitzen, die jederzeit Zutritt zu allen Wohnungen ermöglicht oder liegt darin ein verbotener Eingriff in die Privatsphäre?

Erst kürzlich befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit einer Rechtssache, in welcher die Kläger Wohnungseigentümer mehrerer Apartments in zwei Gebäuden waren und die Beklagten beauftragt hatten, diese Apartments zu vermieten und zu verwalten. Es handelte sich um eine moderne Wohnanlage, in welcher bereits elektronische Keycards anstelle von Schlüsseln zum Einsatz kamen. Diese mussten im Fall einer Vermietung für die jeweilige Wohnung entsprechend anders codiert werden. Da die Beklagte für Vermietung und Verwaltung zuständig war, fiel die Durchführung der Codierungen der Keycards ebenfalls in ihren Aufgabenbereich. Im Rahmen dieser Zuständigkeit war die Beklagte auch in der Lage, so genannte Generalkeycards zu codieren, was auch geschah. Mittels dieser Generalkeycard war es nun möglich, nicht nur die vermieteten Apartments, sondern auch die Wohnung der Kläger nach Belieben zu öffnen. Das war natürlich alles andere als im Sinne der Kläger, welche eine einstweilige Verfügung beantragten, aufgrund derer die Beklagte sämtliche Keycards an sie abzugeben bzw. zu deaktivieren hatte.

Nach Ansicht des OGH musste diesem Antrag stattgegeben werden, denn grundsätzlich gilt, dass nach der Rechtsprechung und Lehre sogar der Mieter einer Wohnung nicht dulden muss, dass der Vermieter einen Schlüssel zum Bestandobjekt besitzt. Demzufolge muss ein Wohnungseigentümer, der nicht nur obligatorisch, sondern dinglich Berechtigter ist, den Besitz eines Wohnungsschlüssels durch Dritte viel weniger dulden. Allein durch den Besitz eines Wohnungsschlüssels wird nämlich permanent die Privatsphäre des Wohnungseigentümers oder der Person, welche mit seiner Einwilligung die Wohnung benützt, verletzt. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Angehörige des Wohnungseigentümers oder Mieter. Diese, oder der Wohnungseigentümer selbst, müssten ständig damit rechnen, dass ein Fremder unerwünscht die Wohnung betreten könnte, gleichgültig ob man gerade an- oder abwesend ist. Ob seines Schlüssels könne man ihn daran auch nicht hindern, besonders nicht, wenn man gerade auswärts ist. Eine Keycard, welche Zutritt zur Wohnung verschafft, ist einem Schlüssel in dieser Hinsicht selbstverständlich gleichzuhalten (veröffentlicht in OGH 8 Ob 139/19b).

Fazit: Die Tatsache, dass ein Dritter einen Wohnungsschlüssel besitzt und daher die fremde Wohnung jederzeit betreten könnte, stellt einen Eingriff in die Privatsphäre des Mieters dar. Wohnungseigentümer müssen dies als dinglich Berechtigte umso weniger dulden. Rechtliche Beratung hilft, Eingriffe in die Privatsphäre vorzubeugen bzw. zu unterbinden. Das Besitzrecht eines Wohnungsschlüssels durch den Wohnungseigentümer ist also exklusiv. Wichtig zu wissen ist auch, dass elektronische Keycards, welche Zutritt zu Wohnungen verschaffen, Schlüsseln grundsätzlich gleichzuhalten sind.

 

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